Die Bentley Boys waren eine Gruppe wohlhabender britischer Playboys, die sich in den 1920er-Jahren mit einer Vorliebe für feinen Champagner, Pferderennen, und vor allem, für den gerade erst aufkeimenden Motorsport hervortaten. Ihre ausgelassenen Partys – entweder im Hotel Savoy oder in ihren Luxusapartments im Stadtteil Mayfair – waren fast so berühmt wie ihre rennfahrerischen Errungenschaften. Dieser doppelte Enthusiasmus lief zusammen, als die Herren einen ihrer vom Rennen gezeichneten Bentleys zu einer Feier ins Savoy mitbrachten. Dort waren unter anderem Ärzte, Kampfflieger und andere wohlhabende Herrschaften versammelt. Viele davon hatten sich im Ersten Weltkrieg im Kampf ausgezeichnet. Der Fahrzeughistoriker Doug Nye drückte es einmal sehr passend aus: „Sie lebten heftig. Sie fuhren heftige Rennen. Und einer oder zwei von ihnen starben heftig.“

Um ihren Charakter vollständig wertzuschätzen, erfordert es nur einen schnellen Blick in ihre Kurzbiografien, die bis heute auf der Website von Bentley zu finden sind. „Als Lieutenant Commander in der Royal Navy überlebte er zwei Torpedoangriffe“, heißt es bei Glen Kidston. Er war der einzige Überlebende eines Flugzeugabsturzes einer zivilen Fluglinie auf dem Weg von Croydon nach Amsterdam. Beim mutigen Versuch, andere zu retten, ging er zweimal in das brennende Wrack zurück.” Ein weiterer Bentley Boy, John Duff, war ein Kriegsheld, ein olympischer Fechttrainer und Gary Coopers Schwertkampf-Double in Hollywood.

Gemeinsam trieben die Boys ihren Namensvetter an die Spitze des Rennsports. W. O. Bentley hatte 1919 mit der Herstellung und dem Verkauf von Autos begonnen. Nur fünf Jahre später gewann Bentley das zum zweiten Mal ausgetragene, prestigeträchtige Rennen von Le Mans, nachdem Duff ihn zur Teilnahme überredet hatte. Die Autos von Bentley waren robust, schnell und – was für eine Gruppe von Kriegsveteranen ebenso wichtig war – britisch. Bis Ende der 1920er-Jahre hatte Bentley seine Rivalen vom europäischen Festland wie Alfa, Bugatti und Mercedes durch vier Siege in Folge in Le Mans auf die Plätze verwiesen. Jedes dieser Siegerautos wurde natürlich von einem Bentley Boy gefahren.

Abseits der Rennstrecke hatte Bentley jedoch zu kämpfen, und 1925 verkaufte W. O. sein Unternehmen an Woolf Barnato, einen Bentley Boy, der ein Diamantenvermögen geerbt hatte. Es war zu dieser Zeit, als ein weiteres Mitglied der Bentley Boys – der flotte ehemalige Kampfpilot Sir Henry „Tim“ Birkin – das Unternehmen dazu überredete, den Blower zu bauen. W. O., der als Konstrukteur im Unternehmen geblieben war, glaubte, dass seine Autos weiterhin Rennen gewinnen würden, wenn sie über immer größere Motoren verfügten. So fuhr Duff 1924 in Le Mans mit einem 3,5-Liter-Motor an die Spitze, während im Sieger-Bentley von 1930 ein 6,6 Liter großes Herz unter der Motorhaube schlug. Birkin aber – ein furchtloser Rennfahrer und verwegener Kerl, für sein Menjoubärtchen und den blau-weiß gepunkteten Schal bekannt – war der Meinung, dass der bessere Ansatz im Aufladen des Motors bestünde, im Stil der von den bereits erwähnten Rivalen vom Festland.

Birkin und Barnato drängten W. O. gegen seinen Willen, diese Theorie zu überprüfen. Dies gelang W. O. jedoch erst nach mehreren Versuchen. Im Jahre 1929, als das Unternehmen kurz vor dem Bankrott stand, baute Bentley 50 Exemplare des Blower, ausgestattet mit einer nicht aufgeladenen Version des bis dato schnellsten 4,4-Liter-Motors der Flotte. Ironischerweise gewann ein Bentley Speed Six das Rennen, während drei 4,4-Liter-Bentleys den zweiten, dritten und vierten Platz belegten.

Aber Birkin bliebt unbeirrt. Er bat seine Freundin, die Erbin Dorothy Paget, ein weiteres Team aus fünf Blowers mit Motoraufladung zu sponsern – ein jeder ein Musterbeispiel an Kraft und Schönheit. Aufgrund seines berühmten lauten Dröhnens und seiner unbändigen Kraft wurde er „das Biest“ genannt. Außerdem beeindruckte der Wagen mit einem auffälligen Union Jack, dem Wappen der Familie Paget und einer markanten Ziffer auf dem Grill.

Zunächst schien sich das Blatt für Birkin – und für Bentley – zu wenden: 1930 fuhr einer seiner Wagen mit 6 Minuten und 48 Sekunden die schnellste Rennrunde, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 145 km/h. Doch von den beiden Rennsportmodellen, die in diesem Jahr an den Start gingen, kam keines ins Ziel. Bei Birkins Blower barst nach nur 144 Runden ein Kolben. (Und wieder gewann ein anderer Bentley das Rennen.) Letztendlich war die Kombination aus Motoraufladung und panzerartiger Konstruktion des Blowers einfach nicht die richtige, um aus dem 24-Stunden-Haltbarkeitstest von Le Mans als Sieger hervorzugehen (auch wenn Birkin schließlich doch noch einen Blower auf den zweiten Platz fuhr, nämlich im Grand Prix von Frankreich im gleichen Jahr).

Danach lehnte Paget es ab, weitere Autos zu finanzieren, und mit Einsetzen der Depression wurde Bentley abermals verkauft, diesmal an Rolls-Royce. Und auch mit dem Team der Bentley Boys ging es zu Ende. Kidston starb bei einem Flugzeugabsturz. Duff kam bei einem Reitunfall ums Leben. Birkin jedoch stellte auf der berühmten englischen Rennstrecke Brooklands in einem zum Einsitzer umgebauten Blower den Geschwindigkeitsrekord auf.

Aber die Legende des Autos lebt weiter, trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines Versagens in Le Mans. Birkins Bemühungen hatten etwas Nobles an sich, und das Auto selbst überzeugt mit seiner Schönheit: ein schwergewichtiges Zeugnis unseres ewigen Wunsches, uns mit gefährlicher Geschwindigkeit fortzubewegen. Es kommt nicht von ungefähr, dass Ian Fleming ihn in seinen ersten James-Bond-Romanen zu 007s Gefährt machte. Und heute gehört einer der fünf Blowers mit Motoraufladung zu Ralph Laurens eigener Automobilsammlung. Der 1988 erworbene und restaurierte Rennwagen ist ein kühnes Statement für Form und Funktion. Wie die diesjährige Kollektion Polo Originals zeigt, stellt er eine reichhaltige, andauernde Inspirationsquelle für das Design dar. Und so setzt sich die Romanze zwischen Mensch und Geschwindigkeit fort.